Veranstaltungsbericht

Sounds of Europe

06.06.2023

Als Highlight der Hamburger Europawochen 2023 luden die Europa-Union Hamburg e.V., der europe direct Info-Point Europa und die Hochschule für Musik und Theater am 27. Mai zur ersten Auflage von „Sounds of Europe“ in die JazzHall der HfMT am Harvestehuder Weg


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Der mit acht Acts prall gefüllte Abend wurde von einer mitreißenden Performance von Trustin0ne, dem Solo-Projekt des Liedfett-Sängers Daniel Michel, eröffnet, der die 120 Besucher:innen der JazzHall mit „Es ist wahr“ von seinem jüngsten Album eindrucksvoll mitreißen konnte. Das beeindruckende Konzerthaus aus der Feder des Architekturbüros MPP wurde erst 2021 fertiggestellt und ragt aus dem Park des historischen Budge-Palais hervor, in dem die Hochschule beheimatet ist. Nach dem Auftritt von Trustin0ne übernahmen Maya Mankiewicz und Lea Tezcan-Götz als Moderatorinnen des Abends und stellten Vlada Shcavinska (Gesang) und Elizaveta Don (Klavier) vor, die mit Werken von Malboroda, Kosenko und Lyssenko Einblicke in das reiche musikalische Erbe der Ukraine gaben. Im anschließenden Gespräch mit Maya Mankiewicz und Lea Tezcan-Götz berichtete Vlada über den besonderen Wert der EU-Beitrittsperspektive für die Ukrainerinnen und Ukrainer. Für die Ukraine sei Europa gewissermaßen „wie die Lieblingstante“, bei der man sich immer wohlfühlen könne.


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Auch der dritte Beitrag des Abends war klassischer Natur: Franzis Holbein gab, virtuos begleitet von Nobue Ito die Arien „Kommt ein schlanker Bursch gegangen“ von Carl Maria von Weber und „Quando me n’vo“ aus Puccinis „La Bohéme“ zum Besten. Die Figur der Musetta in Puccinis Oper sei zwar keine Feministin im heutigen Sinne, verriet Holbein anschließend, die alleinstehende, selbstbewusste Figur sprenge aber durchaus die Ketten des Frauenbildes des 19. Jahrhunderts. Im heutigen Kulturbetrieb bestehe dagegen noch einiger Nachholbedarf, wenn es um die Gleichberechtigung der Geschlechter als europäischen Grundwert gehe. Besonders eindrücklich zeige sich dies an der drastisch schlechteren Bezahlung von kulturschaffenden Frauen.

Luna Keller bei SoundsofEurope

Die Kölner Singer-Songwriterin Luna Keller betrachtete Europa anschließend aus einem ganz anderen Blickwinkel. Die Sängerin, die in Spanien aufwuchs, verarbeitet in ihrem Song „Packing my Bags“ insbesondere ihre Erfahrungen auf Reisen in ganz Europa. Für Lunas zweiten Song war anschließend das Publikum gefragt: Aus 10 zugerufenen Wörtern, von „Klospülung“ bis „Viktor Orban“ komponierte sie binnen Sekunden einen Songtext. Im Vorfeld haben wir mit Luna ausführlicher über Europa gesprochen, das Interview ist hier erschienen.

Teodor Pazov und Juan Elvira spannten vierhändig am Klavier den Bogen von Hamburg (Johannes Brahms‘ „Ungarischer Tanz“) in Teodors Heimat Bulgarien ( Pantscho Wladigerows „Vardar Rhapsody“) bis nach Spanien (Manuel de Falla „Spanischer Tanz Nr. 1), dem Herkunftsland von Juan. Die beiden Pianisten sind sich im Studium in Hamburg begegnet und verrieten, dass ihr abendfüllendes europäisches Programm schon bald aufführungsreif ist.


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Frank Spilker brauchte eigentlich keine Ankündigung: Der Headliner von „Sounds of Europe“ wurde als Sänger der legendären Hamburger Band „Die Sterne“ bekannt, deren Songs „Was hat dich bloß so ruiniert“, „Universal Tellerwäscher“ oder jüngst „Du musst gar nix“ längst zum Kanon der deutschsprachigen Indiemusik zählen. Spilkers‘ Song „Die Welt wird knusprig“ bohrte, typisch Sterne, die ganz dicken Bretter, vom Klimawandel bis zum Kapitalismus. Europa ist für Spilker ein Versprechen an seine Kinder. Die Möglichkeit, leichter zu reisen oder im Ausland zu studieren sei eine große Errungenschaft. Mit dem Brexit verbindet Spilker auch die Hoffnung auf eine Vertiefung der europäischen Integration. Auch mit Frank Spilker haben wir ein ausführliches Interview geführt, das hier erschienen ist.