Was bedeutet Europa für Sie, Frank Spilker?

Interview mit dem Frontmann der Band Die Sterne

Bernd Wilkens 22.05.2023

Am 27. Mai gastieren wir mit Sounds of Europe in der JazzHall am Harvestehuder Weg. Im Rahmen der Europawochen kooperiert die Europa-Union Hamburg, Junge Europäische Föderalisten Hamburg e.V. und der Info-Point Europa mit der Hochschule für Musik und Theater für einen musikalischen Europaabend. Bei “Sounds of Europe” erwartet die Zuschauer:innen ein buntes Programm aus Klassik, Jazz und Pop. Ein ganz besonderer Gast an diesem Abend ist Frank Spilker, Frontmann der legendären Hamburger Band Die Sterne. Sänger und Band schaffen es nach über 30. Jahren im Musikgeschäft sich immer wieder neu zu erfinden und mit ihren Texten nah am Puls der Zeit zu sein. 2019 landeten sie laut Musikexpress mit gleich zwei Alben unter den 100 wichtigsten deutschen Produktionen aller Zeiten. 2022 legten sie mit ihrem neuen Album „Hallo Euphoria“ nach. Das Rolling Stone Magazin nennt es "ein Album voller bittersüßer Lakonie, grandioser Grooves und Kommentare auf das Hier und Jetzt." Davon wird uns Spilker bei Sounds of Europe etwas zum besten geben. Im Vorfeld hatten wir die Möglichkeit den Sänger zu interviewen und ihm Fragen zu seiner Sicht auf Europa und sein neues Album zu stellen. 


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Was bedeutet Europa für Sie? 

Für mich bedeutet Europa das Überwinden kleinkarierter nationaler Identitäten. In Deutschland wird diese Identität ja erst seit den späten neunzigern über den Ort der Geburt vergeben. Bis dahin wurde die nationale Identität von der Abstammung abgeleitet und war damit letzendlich immer noch völkisch/rassistisch definiert. Es ging darum, dass man die DDR Bürger anders nicht als Deutsche hätten definieren können, denn die waren ja wenn sie jung genug waren in einem anderen Staat geboren. Gut, das hat sich irgendwann erledigt, aber Europa als politisches Geblilde zu stärken war immer auch eine Möglichkeit den Begriff der Nation zu entwerten oder ihm zumindest etwas entgegen zu stellen.

Begreifen Sie sich als Europäer und wenn ja, wie äußert sich das bei Ihnen?

Im eben genannten Sinn würde ich mich auch als Europäer begreifen, wenn ich Australier wäre. Ich finde es wichtig, bei allem Stolz auf das erreichte, nicht zu vergessen, dass wir mit Nationen oder Nationengemeinschaften politische Organisationseinheiten meinen, die nur dann Sinn haben, wenn sie den Menschen dienen. Es handelt sich nicht um Religionen oder Fussballmannschaften. Das wird oft verwechselt. Auch geht es nicht per Se darum andere Menschen oder Nationen aus zu schließen. Die Zugehörigkeit zu Europa äussert sich bei mir darin, dass ich Steuern zahle und in der mir möglichen Form an einem politischen Diskurs teilnehme. Wie hier.

Ich finde es wichtig, bei allem Stolz auf das erreichte, nicht zu vergessen, dass wir mit Nationen oder Nationengemeinschaften politische Organisationseinheiten meinen, die nur dann Sinn haben, wenn sie den Menschen dienen

Was gefällt Ihnen an der Europäischen Union besonders gut, was stört Sie?

Es gibt ein par Meilensteine, die ich meinen Kindern immer erklären muss, weil für die alles schon so selbstverständlich ist: Das man nicht mehr an jeder Grenze, ausser der zur Schweiz kontrolliert wird und Geld wechseln muss. Vor allem das Berufsausbildungen gegenseitig anerkannt werden. Nur dadurch gibt es so etwas wie eine europäische Lebensperspektive. Das UK jetzt draussen ist, ist ein herber Verlust. Meine Hoffnung ist, dass eben dadurch, dass die Briten nicht mehr bremsen, grössere politische Fortschritte innerhalb der EU erreicht werden können.

Findet Europa auch in Ihrer Musik statt? Z.B. auf Ihrem neuen Album „Hallo Euphoria“

Nicht nur in meiner Musik, auch in meinem Leben würde ich sagen. Beides hängt sowieso immer zusammen, weil es in Musik, Film und auch in Romanen oft darum geht Dinge erfahrbar zu machen, die eigentlich abstrakt sind. Aber es gibt keine eindeutige Europa Agenda. Musik ist ja schon deshalb international, weil sich jeder bei jedem bedient. Und das ist auch gut so. Die kulturellen, vor allem die religiösen Grenzen müssen fallen. Warum soll die Islamische Welt nicht Teil einer politischen Gemeinschaft sein, in der es nicht vorwiegend um Religion geht. Auch die geografische Situation sollte nicht als Vorwand genommen werden Länder wie zB. Marokko aus zu schließen. Europa darf nicht den Fehler der Nationalstaaten machen und all zu klein kariert denken. Aus der globalen Perspektive Chinas z.B. sind wir ohnehin nur Nordwest Asien und sogar diese Sichtweise hat ihre Berechtigung.

Was wünschen Sie sich von Europa? Wie sollte Europa in 10 Jahren aussehen?

Zunächst einmal hoffe ich, dass Europa als politisches Gebilde nicht weiter zerfällt. Eine europäische Verfassung ist wohl der nächste Schritt, den man sich wünschen kann. Meine Hoffnung ist, dass eben dadurch, dass die Briten nicht mehr bremsen, grössere politische Fortschritte innerhalb der EU erreicht werden können. Noch besser wäre natürlich sie wären wieder drin. Aber das ist wohl etwas utopisch. Grundsätzlich muss man wohl zwischen Wachstum und politischer Einigung abwägen. Das braucht alles Zeit. 

Sounds of Europe 

Die Veranstaltung findet statt am 27. Mai 2023 ab 19:30 Uhr in der Jazzhall am Alsterufer. Um Anmeldung wird gebeten unter. Anmelden können Sie sich hier.

Künstlerinnenportrait Luna Keller

Bei Interesse finden Sie zur Veranstaltung auf unseren Seiten außerdem ein Portrait der deutsch-spanischen Singer-Songwriterin Luna Keller.

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