Von der Leyens zweite Amtszeit

100 Tage im Amt

12.03.2025

Am 1. Dezember 2024 trat Ursula von der Leyen ihre zweite Amtszeit als Präsidentin der Europäischen Kommission an, mit dem klaren Ziel, die Wirtschaft der EU in den Mittelpunkt ihrer Arbeit zu stellen. Doch nach hundert Tagen hat sich der politische Kontext durch die überraschenden Entwicklungen um Donald Trump und die geopolitische Lage erheblich verändert. Statt sich nur auf wirtschaftliche Themen zu konzentrieren, sieht sich von der Leyen nun vor allem mit Verteidigungsaufgaben und geopolitischen Herausforderungen konfrontiert. Ihre Agenda, die ursprünglich auf wirtschaftliche Resilienz und digitale Transformation abzielte, musste schnell an die neuen Realitäten der Weltpolitik angepasst werden.

Die Schwerpunkte zum Amtsantritt

Mit ihrem erneuten Amtsantritt als Präsidentin der Europäischen Kommission setzte Ursula von der Leyen eine Reihe ambitionierte Vorhaben auf die Agenda. Dabei standen insbesondere die Stärkung Europas in den Bereichen Klimaschutz, Migration und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit im Fokus. Von der Leyen bekräftigte ihr Ziel, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen. Der neue Asyl- und Migrationspakt bildete die Grundlage für eine gerechte und effizientere Verteilung von Migranten innerhalb der EU. Die Einführung eines ,,verpflichtenden Solidaritätsmechanismus'' sollte die Lasten innerhalb der Mitgliedstaaten fairer verteilen.

Um Europa langfristig wettbewerbsfähig zu halten, setzt die Kommissionpräsidentin auf Bürokratieabbau und eine gezielte Förderung von Zukunftsbranchen. Mit dem ,,Clean Industrial Deal''  will die EU ihre Wirtschaft nachhaltig tranformieren und die europäische Industrie klimaneutral machen. Zentrale Maßnahme sind: Förderung erneuerbarer Energien und CO2 - armer Produktionsmethoden; Investitionen in saubere Technologien; Bürokratieabbau und die Stärkung europäischer Lieferketten.

Mario Draghi und Ursula von der Leyen

Fokus auf Europas Sicherheit und Verteidigung

Von der Leyen selbst betont, dass die Gewissheiten der letzten Jahrzehnte zunehmend infrage gestellt werden. Die geopolitische Bedrohung durch Russland, die Frage der Unterstützung der Ukraine und die Unsicherheit über die Haltung der USA unter einer potenziellen Trump-Regierung stellen die EU vor neue Herausforderungen. So bleibt die wirtschaftliche Agenda, die ursprünglich ihren Fokus prägte, nicht mehr allein im Mittelpunkt – stattdessen sehen sich die europäischen Staaten nun gezwungen, ihre Verteidigungsstrategie zu überdenken und schnell umzusetzen.

Die größte Priorität für die EU-Kommission ist nun die Umsetzung des „REARM Europe“-Programms, das in den kommenden Jahren eine Aufrüstung im Wert von rund 800 Milliarden Euro ermöglichen soll. Von der Leyen betonte, dass die EU dabei nicht nur ihre militärischen Kapazitäten stärken, sondern auch die gesamte Infrastruktur Europas modernisieren wolle, insbesondere durch Investitionen in Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz, Quantencomputing und Robotik. Ein bedeutender Aspekt dabei ist der Aufbau einer stärkeren europäischen Verteidigungsindustrie, bei der 80 Prozent der derzeitigen Verteidigungsausgaben außerhalb der EU fließen – und dies soll sich in naher Zukunft ändern.

Die schnelle Umstellung auf eine stärker aufgerüstete Union wird mit Herausforderungen verbunden sein, nicht nur auf finanzieller Ebene, sondern auch in der Bereitschaft der Mitgliedsstaaten, ihre Verteidigungsstrategien enger zu verzahnen und verstärkt in die europäische Rüstungsindustrie zu investieren.

Fazit und Ausblick

Insgesamt zeigt sich, dass Ursula von der Leyen nach den ersten 100 Tagen ihrer zweiten Amtszeit mitten in einem unfreiwilligen Kurswechsel steckt: Was ursprünglich als wirtschaftlicher Schwerpunkt gedacht war, ist nun untrennbar mit der Frage nach der kollektiven Sicherheit Europas verbunden. Die  Veränderungen haben von der Leyen gezwungen, den Fokus auf Verteidigungspolitik und Sicherheit zu legen – und dies wird die Agenda der kommenden Jahre maßgeblich prägen.

Die Worte der Präsidentin in ihrer Antrittsrede sollten daher heute umso mehr gelten: ,,Freiheit und Demokratie müssen jeden Tag gehegt werden. Und wir müssen für sie kämpfen, damit sie an die nächste Generation weitergegeben werden können – so wie sie von der Generation vor uns an uns weitergegeben wurde.''