Dänemark hat am 1. Juli turnusgemäß die EU-Ratspräsidentschaft von Polen übernommen. Für die kommenden sechs Monate wird das skandinavische Land die Arbeit des Rates der Europäischen Union koordinieren, politische Kompromisse vermitteln und zentrale Weichenstellungen im legislativen Verfahren der EU begleiten. Es ist das achte Mal, dass Dänemark den Vorsitz innehat – zuletzt war das im Jahr 2012 der Fall.
Der Rat der EU ist neben dem Europäischen Parlament einer der beiden Gesetzgeber der Union. Er stimmt über Gesetzesvorschläge der Europäischen Kommission ab, verabschiedet gemeinsam mit dem Parlament den EU-Haushalt, entwickelt die Außen- und Sicherheitspolitik der EU und koordiniert die nationalen Politiken in verschiedenen Bereichen. Entscheidungen fallen meist mit qualifizierter Mehrheit, wobei sowohl eine Mehrheit der Mitgliedstaaten als auch der EU-Bevölkerung vertreten sein muss. Die EU-Ratspräsidentschaft wechselt alle sechs Monate zwischen den Mitgliedstaaten. Das vorsitzende Land koordiniert und leitet in dieser Zeit die Sitzungen des Rates der EU, bei denen Ministerinnen und Minister der 27 Mitgliedstaaten zu Themen aus ihren jeweiligen Fachbereichen zusammenkommen. Dabei kommt dem Vorsitz die Aufgabe zu, als Vermittler zwischen den Staaten aufzutreten und eine reibungslose Gesetzgebung zu gewährleisten.
Die dänische Regierung unter der sozialdemokratischen Ministerpräsidentin Mette Frederiksen wird von einer Mitte-Koalition aus Sozialdemokraten, der liberalen Partei „Venstre“ und den „Moderaten“ getragen.
Das Motto der dänischen Präsidentschaft lautet „Ein starkes Europa in einer sich wandelnden Welt“. In einer Zeit wachsender geopolitischer Spannungen und multipler Krisen sieht sich Dänemark in der Verantwortung, die Handlungsfähigkeit der EU zu stärken. Im Zentrum steht der sicherheitspolitische Umbau Europas: Die EU soll bis 2030 in der Lage sein, sich eigenständig zu verteidigen. Dafür sollen Hindernisse für die Produktion militärischer Ausrüstung in Europa beseitigt und die Zusammenarbeit mit der ukrainischen Rüstungsindustrie intensiviert werden. Zudem will Dänemark neuen Schwung in die EU-Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine bringen – auch wenn sich dabei die ungarische Blockade als Herausforderung erweist.
Ein weiteres zentrales Anliegen ist die Migrationspolitik. Dänemark ist für seine rigide Linie bekannt und möchte die Ratspräsidentschaft nutzen, um eine restriktivere europäische Asyl- und Rückführungspolitik voranzutreiben. Strengere EU-Außengrenzen und schnellere Abschiebungen stehen auf der Agenda. Ergänzt werden diese Prioritäten durch Vorhaben zur Förderung von Wettbewerbsfähigkeit und Klimaschutz – etwa eine Einigung auf ein ambitioniertes Klimaziel für 2040 als Etappe auf dem Weg zur Klimaneutralität 2050.
Polen hatte in der ersten Jahreshälfte 2025 den Ratsvorsitz unter das Motto „Security, Europe!“ gestellt. Die sicherheitspolitische Ausrichtung prägte die Amtszeit maßgeblich: Der Vorschlag „Readiness 2030“ zur militärischen Aufrüstung wurde ebenso vorangetrieben wie das Ostschutzprojekt zur Sicherung der EU-Außengrenzen. Auch auf wirtschaftlicher Ebene setzte Polen Akzente, etwa durch die Entlastung europäischer Unternehmen von bürokratischen Berichtspflichten. Doch nicht alle Ziele wurden erreicht – insbesondere die Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine scheiterten an Ungarns Veto.
Zwei Gipfeltreffen, rund 15 informelle Ministertreffen und über 200 weitere Veranstaltungen sind im Rahmen der Präsidentschaft geplant. Ob es Dänemark gelingt, seine ambitionierte Agenda in nur sechs Monaten umzusetzen, wird sich in einem angespannten politischen Klima zeigen – entscheidend wird sein, wie das Land seine Rolle als Vermittler und Impulsgeber ausfüllt.