Klagen gegen die neue EU-Taxonomie

Greenpeace und Co. klagen am EUGH

18.04.2023

Mit mehreren Klagen beim Europäischen Gerichtshof wollen Greenpeace, WWF, BUND sowie weitere Umweltorganisationen die umstrittene EU-Taxonomie stoppen. Sie werfen der EU-Kommission vor, gegen die europäischen Klimaziele zu verstoßen.

Während sich eine Klage der Organisationen BUND, WWF, ClientEarth und Transport & Environment (T&E) auf die Einstufung von Erdgas als nachhaltig beschränkt, nimmt eine gleichzeitig eingereichte Klage der NGO Greenpeace zusätzlich auch die Taxonomie zur Atomenergie in den Blick. Ziel der Klagen ist eine Annullierung der Aufnahme von Gas- und Atomenergie in die Nachhaltigkeitstaxonomie.

Die Kläger argumentieren, die EU-Kommission verstoße durch die Einordnung der Energieerzeugung durch Gas- und Atomkraftwerke als nachhaltig, sowohl gegen Unionsrecht als auch gegen das Pariser Klimaabkommen. Eine gemeinsame Sprecherin von BUND, WWF, ClientEarth und T&E sagt: " Die Klage hat das Ziel, Greenwashing zu verhindern und die Glaubwürdigkeit der gesamten EU-Taxonomie zu retten. Die Einschätzung der wissenschaftlichen Beratungsplattform der EU-Kommission war eindeutig: Fossiles Erdgas ist nicht nachhaltig, die Emissionen wirken sich negativ auf Klima und Natur aus.“ Den Klagen als Anlagen beigefügte Gutachten sollen zudem belegen, dass eine ausreichende Energieversorgung durch ausschließlich erneuerbare Energieträger in der EU gewährleistet werden kann. Ein Rückgriff auf Gas- und Atomenergie zur Transformation der Wirtschaft also nicht erforderlich ist.

Die EU hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 ihre Netto-Treibhausgasemissionen um mindestens 55 Prozent zu reduzieren und bis 2050 Klimaneutralität zu erreichen, um das 1,5-Grad-Ziel einhalten zu können. Hierzu hat die EU-Kommission den europäischen "Green Deal" ins Leben gerufen, der als grünes Wirtschaftsprogramm die notwendige Transformation fördern soll. Ein wichtiger Akteur in diesem Prozess ist auch die Finanzbranche, deren Investitionsentscheidungen den Umbau der Wirtschaft beeinflussen. Laut Schätzungen der EU-Kommission werden jährlich rund 350 Milliarden Euro an zusätzlichen Investitionen benötigt, um Europa klimaneutral zu machen. Diese sollen durch die Taxonomie mobilisiert werden.

Einheitliche Nachhaltigkeitskriterien sollen Wirtschaftsakteure entsprechend ihres tatsächlichen Beitrags zum Umwelt- und Klageschutzes bewerten. Hierdurch soll die wachsende Nachfrage nach Investitionen in „grüne“ Anlageklassen gezielt gesteuert und eine nur vordergründige Umwelt- und Klimafreundlichkeit von Unternehmen (sog. „Greenwashing“) aufgrund einer Vielzahl unterschiedlicher Nachhaltigkeitslabels verhindert werden. Ziel der Taxonomie ist es also, Transparenz und Klarheit für Investoren und Unternehmen zu schaffen, indem sie eine einheitliche Sprache für "grüne" Investitionen und Aktivitäten festlegt. Dadurch soll sichergestellt werden, dass Investitionen tatsächlich zu einer nachhaltigeren Wirtschaft beitragen.

Als die EU-Kommission im Juli vergangenen Jahres den Rechtsakt zur Einbeziehung von Gas- und Atomkraft in die EU-Taxonomie offiziell im EU-Amtsblatt veröffentlichte, legten die Kläger im September dagegen Widerspruch bei der EU-Kommission ein. Nachdem diese im Februar 2023 von der EU-Kommission abgelehnt wurden, haben die Verbände nun Klage gegen die Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof in Luxemburg erhoben. Im Oktober 2022 klagte bereits EU-Mitgliedstaat Österreich vor dem Gericht der Europäischen Union gegen die Taxonomie-Verordnung.

Eine Verhandlung in Luxemburg wird allerdings erst für die zweite Hälfte des Jahres 2024 erwartet. Mit einem Urteil des EuGH ist nicht vor 2025 zu rechnen.