Die EU verabschiedet das 18. Sanktionspaket gegen Russland nach zähen Verhandlungen mit verschiedenen Mitgliedsstaaten

Vereint gegen Russland?

21.07.2025

Nach wochenlangen Verhandlungen und einer zwischenzeitlichen Blockade durch die Slowakei hat die Europäische Union am 18. Juli 2025 das bislang umfassendste und schärfste Sanktionspaket gegen Russland verabschiedet. Ziel ist es, die wirtschaftlichen Grundlagen des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine weiter zu schwächen. Das neue Paket enthält neben weitreichenden Maßnahmen gegen den Energie- und Finanzsektor auch erstmals Sanktionen gegen chinesische Unternehmen.

"Mit den Wölfen heulen" - Die Slowakei gibt ihre Blockade auf

Die Verabschiedung des 18. Sanktionspakets stand lange auf der Kippe. Insbesondere der slowakische Premierminister Robert Fico blockierte die Einigung mit dem Verweis auf nationale Energieinteressen und bestehende Gasverträge mit Russland, die bis 2034 laufen. Fico forderte langfristige Ausnahmen vom geplanten Importstopp für russisches Gas. Nach zähen Verhandlungen lenkte die Slowakei schließlich ein – nicht ohne Druck und Zugeständnisse aus Brüssel. Die EU-Kommission garantierte, dass die Slowakei keine „schwerwiegenden wirtschaftlichen und finanziellen Konsequenzen“ zu befürchten habe. Fico selbst rechtfertigte das Einlenken mit dem vielsagenden Satz: „Wer mit den Wölfen leben will, muss mit ihnen heulen.“

Auch Malta, Griechenland und Zypern hatten Vorbehalte - insbesondere gegenüber Maßnahmen zur Senkung der Einnahmen aus dem russischen Rohölexport in Drittstaaten. Sie befürchteten Wettbewerbsnachteile für ihre Schifffahrtsunternehmen bei einer drastischen Absenkung des sogenannten Ölpreisdeckels für Verkäufe von russischem Öl an Drittstatten. Der Kompromiss sieht nun vor, die Preisobergrenze regelmäßig anzupassen - langfristig soll sie nicht mehr als 15 Prozent unter dem durchschnittlichen Weltmarktpreis liegen.

Beijing droht mit Konsequenzen

Eine zentrale Neuerung des 18. Sanktionspakets ist die Ausweitung auf Drittstaaten – darunter erstmals China. Mehrere chinesische Unternehmen und zwei Finanzinstitute wurden sanktioniert, weil sie laut EU-Angaben militärisch relevante Güter nach Russland geliefert oder den Krieg finanziell unterstützt haben sollen. Auch der Ausschluss der Banken vom internationalen Zahlungssystem SWIFT ist Teil der Maßnahmen.

Die Reaktion aus Peking fiel deutlich aus: Die chinesische Regierung sprach von unbegründeten Vorwürfen und kündigte Gegenmaßnahmen an. Man werde die wirtschaftlichen Interessen chinesischer Firmen und Banken schützen und warnte vor Schäden für die bilateralen Beziehungen. Insbesondere im Handels- und Finanzsektor drohe eine weitere Verschärfung des Verhältnisses.

Die Spannungen treffen auf ein ohnehin belastetes Verhältnis. Nur wenige Tage nach Inkrafttreten des Pakets findet in Peking der 25. EU-China-Gipfel statt. Dort sprechen EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident António Costa mit Staatschef Xi Jinping über den Ukraine-Krieg, die wirtschaftliche Zusammenarbeit und Handelskonflikte. Bereits zuvor war die Beziehung durch Zölle, ein massives Handelsdefizit zugunsten Chinas und Vorwürfe unlauterer Subventionen angespannt.

Inhalte des Sanktionspaket

  • Energie: Senkung der Preisobergrenze für russisches Rohöl und Einfuhrverbot für raffinierte Erdölerzeugnisse aus Russland.
  • Schattenflotte: Weitere 105 Schiffe der russischen Schattenflotte unterliegen Zugangs- und Dienstleistungsverboten.
  • Finanzsektor: Erweiterung der Sanktionen auf 22 russische Banken und Transaktionsverbote für den Russian Direct Investment Fund (RDIF).
  • Militärindustrie: Sanktionen gegen chinesische Unternehmen, die militärische Güter an Russland liefern, sowie erweiterte Ausfuhrverbote für Technologie mit doppeltem Verwendungszweck.
  • Deportation ukrainischer Kinder: Sanktionen gegen Personen, die an der „militärischen Erziehung“ ukrainischer Kinder beteiligt sind.

Ergänzt werden diese Maßnahmen durch einen gezielten Schutz der Mitgliedstaaten vor unrechtmäßigen Klagen aus bilateralen Investitionsabkommen, die von sanktionierten russischen Akteuren angestrengt werden könnten. Diese Verfahren vor Schiedsgerichten könnten genutzt werden, um Schadenersatz oder andere Forderungen gegen EU-Staaten durchzusetzen. Um dem entgegenzuwirken, müssen die EU-Staaten sicherstellen, dass solche Schiedsverfahren nicht anerkannt werden und sie sich aktiv gegen diese Verfahren wehren. Ziel ist es, zu verhindern, dass Russland rechtliche Druckmittel gegen europäische Länder ausübt, um politische oder wirtschaftliche Ziele zu erreichen.

Rechtsgrundlagen 

Durch Art. 29 EUV wird dem Rat der Europäischen Union die Befugnis übertragen, restriktive Maßnahmen, wie Sanktionen, gegen Regierungen von Ländern, die nicht in der EU sind, gegen  Unternehmen, sowie gegen Personen zu verhängen. Gemäß Artikel 215 AEUV kann der Rat darüberhinaus notwendige Maßnahmen erlassen, um die gemäß Artikel 29 EUV erlassenen Beschlüsse umzusetzen und sicherzustellen, dass diese in allen Mitgliedstaaten der EU einheitlich angewendet werden. Im November 2022 erließ der Rat den Beschluss (EU) 2022/2332 nach dem der Verstoß gegen EU Sanktionen als Straftat festgesetzt wird.

Ziel: Echte Friedensgespräche

Von der Leyen und Kallas betonen, dass mit dem 18. Sanktionspaket der Druck auf Russland verstärkt werden soll. „Wir wiederholen die Forderung nach einem vollständigen, bedingungslosen Waffenstillstand von mindestens 30 Tagen. Diese Unterbrechung der Feindseligkeiten könnte ein entscheidender Schritt sein, um das Leiden der Zivilbevölkerung zu verringern und Raum für sinnvolle Gespräche über einen echten Frieden zu schaffen.“ Mit der Einbeziehung chinesischer Akteure setzt die EU ein Zeichen, dass sie die weltweiten Unterstützungsnetzwerke Russlands ins Visier nimmt – auch auf die Gefahr diplomatischer Verwerfungen hin.