EU-Bürger sind verpflichtet, zwei Fingerabdrücke für ihren Personalausweis abzugeben. Die Rechtmäßigkeit dieses Vorgehens hat der EuGH nun bestätigt. Die EU muss die entsprechende Verordnung dennoch nachbessern.
Geklagt hat ein deutscher Staatsbürger, welcher bei der Stadt Wiesbaden einen neuen Personalausweis beantragt hatte. Seit mehr als zwei Jahren ist man in Deutschland nach § 5 Abs. 5 und Abs. 9, § 9 Abs. 3 Personalausweisgesetz verpflichtet, hierbei seine Fingerabdrücke abzugeben. Entsprechend verweigerte die Stadt Wiesbaden den Antrag des jetzigen Klägers, einen Personalausweises ohne Aufnahme seiner Fingerabdrücke auszustellen. Der Mann klagte sodann vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden, welches den Fall dem EuGH vorlegte. Dieser sollte klären, ob die Verpflichtung zur Aufnahme und Speicherung von Fingerabdrücken in Personalausweisen gemäß Art. 3 Abs. 5 der Verordnung zur Erhöhung der Sicherheit der Personalausweise (Verordnung 2019/1157 vom 20. Juni 2019) gegen das Grundrecht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten verstößt.
Kritiker der Verordnung behaupten, dass die Bürger durch die Abnahme von Fingerabdrücken wie Verdächtige behandelt würden. Hinzu komme, dass die Abdrücke nicht nur auf dem Chip des Personalausweises gespeichert sind, sondern auch bis zu 90 Tagen nach Abnahme bei den Behörden aufbewahrt werden dürften. Mithin bestehe die Gefahr, dass sich Hacker oder ausländische Geheimdienste die Abdrücke besorgen.
Der EuGH entschied, dass die Pflicht, zwei Fingerabdrücke aufnehmen zu lassen, mit den Grundrechten auf Achtung des Privatlebens (Art. 7 EU-Grundrechtecharta (GRCh)) und auf Schutz personenbezogener Daten (Art. 8 GRCh) vereinbar sei.
Die Verpflichtung zur Abgabe der Fingerabdrücke stelle zwar eine Einschränkung der durch die Grundrechtecharta garantierten Grundrechte dar. Diese Einschränkung sei jedoch durch die dem Gemeinwohl dienenden Zielsetzungen gerechtfertigt: Verhindert werden solle die Herstellung gefälschter Personalausweise und möglicher Identitätsdiebstahl. Zusätzlich solle die Kompatibilität der staatlichen Überprüfungssysteme gewährleisten werden.
Durch die Verhinderung des Identitätsdiebstahls leiste die Verpflichtung zur Abgabe der Fingerabdrücke sogar eien Beitrag zum Schutz des Privatlebens der betroffenen Personen sowie zur Bekämpfug von Krimminalität und Terrorismus, so der EuGH. Hierfür genüge eine Aufnahme des Gesichtsbild aufgrund der Veränderungen der anatomischen Merkmale infogle von Alterung, Erkrankungen oder chirurgischen Eingriffen gerade nicht.
Der EuGH erklärte die Verordnung, die die Pflicht zur Abgabe von Fingerabdrücken vorsieht, allerdings trotzdem für ungültig, da sie auf die falsche Rechtsgundlage gestützt worden sei: Das Europäische Parlament und der Rat hatten die Verordnung auf der Grundlage von Art. 21 Abs. 2 AEUV erlassen. Die richtige Rechtsgrundlage sei jedoch die spezifischere Bestimmung des Art. 77 Abs. 3 AEUV. Eine Ungültigkeitserklärung hätte jedoch schwerwiegende Folgen für eine erhebliche Zahl von Unionsbürgern und ihre Sicherheit, sodass der EuGH die Verordnung bis zum Inkrafttreten einer neuen, auf die richtige Rechtsgrundlage gestützten Verordnung bis längstens zum 31. Dezember 2026 aufrechterhält.
Nun liegt es an dem Verwaltungsgericht Wiesbaden, den konkreten Fall des Klägers zu entscheiden, wobei es jedoch die Vorgaben des EuGH zu beachten hat, sodass davon auszugehen ist, dass der Kläger keinen Erfolg haben wird.
Bezüglich der Fingerabdrücke in Reisepässen hat der EuGH bereits im Jahr 2013 entschieden, dass diese zulässig seien. Der durch die Erfassung und Speicherung erfolgte Eingriff in das Privatleben sei durch die Absicht, illegale Einreisen in die EU zu verhindern, gerechtfertigt.