Europäisches Parlament konstituiert sich in erster Sitzung nach Europawahl

Aus Fraktionsausschluss der AfD geht neue Rechtsaußen-Fraktion hervor

17.07.2024

In der neuen Legislaturperiode wird das Plenum des Europäischen Parlaments anders aussehen als in den letzten fünf Jahren. Grund dafür sind neue Fraktionen am rechten Rand des Parlaments.


EU Parlement

Fraktionen sind freiwillige Zusammenschlüsse von gewählten Mitgliedern eines Parlaments und erfüllen eine wichtige Rolle bei der internen Willensbildung des Parlaments. Durch einen solchen Zusammenschluss wird die Erreichung gemeinsamer politischer Interessen und Ziele bezweckt. Dies ermöglicht den Abgeordneten etwa das Einbringen von Beschlussvorlagen in das Parlament. Für den Zusammenschluss von Mitgliedern des Europäischen Parlaments (MdEP) legt Artikel 32 der Geschäftsordnung des Europäischen Parlaments fest, dass zur Bildung einer Fraktion mindestens 25 Abgeordnete aus mindestens einem Viertel der Mitgliedstaaten erforderlich sind. Die Fraktionen des Europäischen Parlaments sind nicht nach nationalen Gruppen geordnet und strukturiert, sondern schließen sich nach politischer Zugehörigkeit zusammen.

Am 16. Juli 2024 fand die erste konstituierende Sitzung des Europäischen Parlaments nach der Europawahl 2024 statt. Nachdem es in der letzten Wahlperiode (2019-2024) noch sieben Fraktionen gab, haben sich für die neue Wahlperiode (2024-2029) nun acht Fraktionen organisiert: Die Fraktion der Europäischen Volkspartei (EVP), die Progressive Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament (S&D), die Patrioten für Europa (PfE), die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), die Fraktion Renew Europe (Renew), die Grünen / Freie Europäische Allianz (Grüne/EFA) und die Fraktion Die Linke im Europäischen Parlament (Die Linke). Neu und zusätzlich hinzugekommen ist nun die Fraktion Europa Souveräner Nationen (ESN). Dabei handelt es sich um eine aus rechtsextremen Abgeordneten gebildete Fraktion, die unter anderem deshalb gegründet wurde, weil die Abgeordneten der Alternative für Deutschland (AfD) kurz vor der Europawahl aus der Fraktion der PfE ausgeschlossen worden waren, nachdem sich der AfD-Spitzenkandidat Maximilian Krah verharmlosend über die nationalsozialistische SS äußerte. Damit gibt es nun drei Rechtsaußen-Fraktionen im Europäischen Parlament (EKR, PfE und ESN). Auch wenn der Rechtsruck nach der Europawahl etwas milder ausgefallen ist als erwartet, und die Mitte (EVP, S&D, Grüne, Renew) weiterhin eine stabile Mehrheit innehat (454 von 720 Sitzen), kommen die rechten Fraktionen nun immerhin auf 187 Sitze.

Nachdem Klimaschutz in der letzten Legislaturperiode das wohl wichtigste und öffentlichkeitswirksamste Thema des Europäischen Parlaments war, deutet sich hier eine Verschiebung des Fokus an. Wichtiger scheinen nun die Themen Sicherheitspolitik, Migration und Wettbewerbsfähigkeit zu sein. Aufgrund des Angriffskriegs Russlands auf die Ukraine war zunächst in Aussicht, dass das Europäische Parlament einen eigenen, vollwertigen Verteidigungsausschuss bilden wird, um die bisherigen Unterausschüsse, die sich mit Verteidigungspolitik beschäftigen, zu bündeln. Dazu wird es aber aufgrund von Unstimmigkeiten unter den Fraktionen wohl vorerst nicht kommen.