EuGH zum Verbraucherschutz

Zinsunabhängige Kreditkosten: Klauseln können missbräuchlich sein

29.11.2023

Eine Verpflichtung des Verbrauchers, überhöhte zinsunabhängige Kreditkosten zu zahlen, kann eine missbräuchliche Klausel darstellen.

Verbraucher:innen in Polen schlossen Verbraucherkreditverträge ab und mussten neben den Zinsen zusätzlich hohe Gebühren und Provisionen zahlen. Die betreffenden Verbraucher:innen klagten daraufhin vor einem polnischen Gericht, da sie die gegenständlichen Klauseln als missbräuchlich betrachtetet. Zwei der Verträge sahen zudem vor, dass Zahlungen zur Tilgung des Kredits ausschließlich am Wohnsitz des Kreditnehmers in bar an eine/n Vertreter:in des Kreditgebers vorzunehmen sind. 

Das sich mit dem Rechtsstreit befasste polnische Gericht ersuchte den Europäischen Gerichtshof um Auslegung der Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen. Der EuGH sollte klären, ob die Klauseln über die zinsunabhängigen Kreditkosten allein deshalb als missbräuchlich eingestuft werden können, weil sie offensichtlich außer Verhältnis zu der von dem Gewerbetreibenden erbrachten Leistung stehen. Außerdem wollte das polnische Gericht wissen, ob der Vertrag nach einer Nichtigerklärung der Bestimmungen, nach denen die Tilgung am Wohnsitz der Verbraucher:innen zu erfolgen hat, fortbestehen kann.

Der EuGH entschied, dass eine Klausel als missbräuchlich betrachtet wird, wenn sie zum Nachteil des Verbrauchers ein erhebliches und ungerechtfertigtes Missverhältnis der vertraglichen Rechte und Pflichten der Vertragspartner verursacht. Ein solches Missverhältnis könne sich allein daraus ergeben, dass die zinsunabhängigen Kreditkosten offensichtlich außer Verhältnis zum Kreditbetrag und den als Gegenleistung erbrachten Kredit-Dienstleistungen stehen. Allerdings wies der EuGH darauf hin, dass die Missbräuchlichkeit von Klauseln in der Regel nur dann beurteilt werden könne, wenn mit ihnen nicht der Hauptgegenstand des Vertrags festgelegt wird und sie auch nicht die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den als Gegenleistung erbrachten Dienstleistungen betreffen. Dies habe das nationale Gericht zu prüfen. 

Bezüglich der Tilgung am Verbraucher:innenwohnsitz entschied der EuGH, dass sich der Vertrag auch als nicht mehr erfüllbar und damit insgesamt nichtig erweisen könne, wenn das polnische Gericht die Klausel zur Tilgung am Verbraucherwohnsitz für ungültig erklärt, weil sie es dem Kreditgeber ermöglicht, unzulässigen Druck auszuüben. Lasse sich allerdings der missbräuchliche Bestandteil dieser Klausel abtrennen, könne es genügen, ihn zu streichen, um ein tatsächliches Gleichgewicht zwischen den Vertragsparteien wiederherzustellen. Dann könne der Vertrag fortbestehen; der Verbraucher könne dann eine beliebige Zahlungsweise wählen, solange sie nach dem polnischen Recht zulässig sei.