Am 1. Juli 2020 hat Deutschland den Vorsitz des Rates der Europäischen Union (EU) übernommen. In das Programm für die sechsmonatige Präsidentschaft wurde das Ziel aufgenommen, die Verhandlungen über den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) wieder voranzutreiben.1 Dieser Aspekt war zuvor einige Jahre von der EU vernachlässigt worden. Das Wiederaufgreifen des Ziels soll zum Anlass genommen werden, sich mit dem Beitritt der EU zu diesem völkerrechtlichen Vertrag näher auseinanderzusetzen.
Am 1. Juli 2020 hat Deutschland den Vorsitz des Rates der Europäischen Union (EU) übernommen. In das Programm für die sechsmonatige Präsidentschaft wurde das Ziel aufgenommen, die Verhandlungen über den Beitritt der Europäischen Union zur Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) wieder voranzutreiben.1 Dieser Aspekt war zuvor einige Jahre von der EU vernachlässigt worden. Das Wiederaufgreifen des Ziels soll zum Anlass genommen werden, sich mit dem Beitritt der EU zu diesem völkerrechtlichen Vertrag näher auseinanderzusetzen.
Nach einer Betrachtung der geschichtlichen Entwicklung der Beitrittsfrage (II.) wird kurz darrgestellt, was den Europäischen Gerichtshof (EuGH) im Jahr 2014 dazu bewogen hat, den Beitritt der EU zur EMRK abzulehnen (III.). Daraufhin sollen die Grundzüge der aktuell in der EU geltenden Grundrechtssystematik dargestellt werden (IV.), um anschließend der Frage nachzugehen, ob und inwiefern ein Beitritt der EU zur EMRK zu fordern ist (V.). Schließlich wird ein Ausblick für einen Beitritt in den kommenden Monaten bzw. Jahren gewagt (VI.).
Die Frage, ob die EU der EMRK beitreten kann und möchte, beschäftigt die Organe der EU nun bereits seit einem halben Jahrhundert. Mit dem 14. Protokoll zur Änderung der EMRK wurde die Möglichkeit des Beitritts der EU in deren Art. 59 Abs. 2 explizit eingefügt. Im Jahr 2009 folgte dann mit dem Vertrag von Lissabon die Zielbestimmung seitens der EU in Art. 6 Abs. 2 EUV, der EMRK beizutreten. Der Rat der EU erließ sodann 2010 einen Beschluss, der die Erfüllung dieses Ziels in Auftrag gab. Daraufhin nahm die Kommission ihre Arbeit zu diesem Thema auf und fertigte einen Beitrittsentwurf, auf den man sich 2013 einigte. Hierzu sollten die Luxemburger Richter am EuGH Stellung beziehen. Der EuGH lehnte in seinem Gutachten 2/13 vom 18. Dezember 2014 einen Beitritt der EU zur EMRK ab.2
Der EuGH stellte in seinem Gutachten fest, dass ein Beitritt der EU zur EMRK grundsätzlich mit EU-Recht vereinbar sei. Allerdings lehnten die Richter es ab, sich der Gerichtsbarkeit des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg zu unterwerfen.3
Konkret beriefen sich die Richter in Luxemburg unter anderem auf Art. 344 AEUV, nach dem die EU-Mitgliedstaaten sich verpflichten, „Streitigkeiten über die Auslegung oder Anwendung der Verträge nicht anders als hierin vorgesehen zu regeln.“ Im AEUV wiederum sind nur Regelungen zur Streitbeilegung vor dem EuGH vorgesehen. Daraus schloss der EuGH, dass er über ein Rechtsprechungsmonopol für Streitigkeiten zwischen den Mitgliedstaaten über die Auslegung und Anwendung der Europäischen Verträge (also des EUV und des AEUV) verfüge. Dem widerspreche Art. 33 EMRK, wenn er den Konventionsmitgliedern einräumt, „den Gerichtshof [also den EGMR] wegen jeder behaupteten Verletzung dieser Konvention und der Protokolle dazu durch eine andere Hohe Vertragspartei“ anzurufen.
Das Gutachten des EuGH wurde teils heftig kritisiert, sieht Art. 6 Abs. 2 EUV doch explizit das Ziel der EU, der EMRK beizutreten, vor. Auch weiterhin wird – trotz der ablehnenden Haltung des EuGH – ein Beitritt rege diskutiert.
Ob und inwiefern ein Beitritt der EU zur EMRK sinnvoll und wünschenswert ist, kann nur nach einer Auseinandersetzung mit der aktuellen Grundrechtssystematik in den Mitgliedstaaten der EU diskutiert werden. Diese wird im Folgenden anhand des Beispiels der Bundesrepublik Deutschland in ihren Grundzügen untersucht.
Sämtliche Mitgliedstaaten der EU – allerdings mit Ausnahme der EU selbst – haben auch die EMRK ratifiziert. Damit entsteht ein kompliziertes Geflecht aus den in der jeweiligen nationalen Verfassung verankerten Rechten, den Rechten aus der Europäischen Grundrechtecharta (GRCh) sowie jenen aus der EMRK. Im Folgenden soll der aktuelle Zustand in der Bundesrepublik Deutschland näher untersucht werden.
In der Bundesrepublik gewähren zunächst die Grundrechte im Bonner Grundgesetz vom 23.05.1949 einen Schutz des Einzelnen. Das am 28.09.1951 etablierte Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in Karlsruhe ist für die Wahrung dieser nationalen Grundrechte zuständig.
Das Grundgesetz steht in der deutschen Normenhierarchie ganz oben – grundsätzlich muss jede Rechtsnorm mit ihm in Einklang stehen. Die Grundrechte im Grundgesetz (insbesondere Art. 1 bis Art. 19 GG) gelten in erster Linie zwischen dem Staat und dem Bürger.
Am 4.11.1950 wurde sodann die EMRK unter anderem von Deutschland unterzeichnet und trat am 3.9.1953 in Kraft. Hierin sind – wie der Name es indiziert – elementare Menschenrechte verbürgt. Über die Einhaltung der EMRK wacht der EGMR.
Die EMRK stellt einen völkerrechtlichen Vertrag dar, der in der Bundesrepublik nach Art. 59 Abs. 2 GG auf dem Rang eines förmlichen Bundesgesetzes – und damit unter dem Grundgesetz – steht. Exekutive und Judikative müssen sich nach Art. 20 Abs. 3 GG an Recht und Gesetz und damit auch an die Garantien der EMRK halten. Aber auch der Gesetzgeber, die Legislative, hat sich zur Vermeidung widersprüchlicher Ergebnisse nach der EMRK zu richten. Das BVerfG hat hierzu den Grundsatz der völkerrechtsfreundlichen Auslegung des Grundgesetzes entwickelt. Die deutsche Rechtsordnung, auch die Grundrechte, seien – soweit mit dem Wortlaut des GG vereinbar – im Lichte der EMRK auszulegen. Setzt sich der Staat hiermit bei einer Entscheidung nicht auseinander, verstößt er gegen die aus Art. 20 Abs. 3 GG folgende Bindung der Gewalten an Recht und Gesetz und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip.4
Bei einem Verstoß eines Konventionsstaates kann der Einzelne nach Art. 34 EMRK vor dem EGMR das Verfahren einer Individualbeschwerde anstrengen, sofern er den Rechtsweg innerhalb seines Staates durchlaufen hat. Bei einem durch den EGMR festgestellten Verstoß muss der entsprechende Staat das konventionswidrige Verhalten beenden und ggf. Wiedergutmachung leisten.
Nachdem sich 1951 die ersten europäischen Staaten zu einer Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS), aus der letztendlich EU hervorging, zusammengeschlossen hatten, entwickelte der 1952 gegründete EuGH in seiner Rechtsprechung eigene „ungeschriebene Grundrechtsgarantien“.5 Mit dem Vertrag von Lissabon vom 1.12.2009 wurden diese Grundrechte in Form der Charta der Europäischen Union verbindlich als Primärrecht kodifiziert. Die Einhaltung der in der GRCh gewährten Rechte überwacht der EuGH.
Die GRCh gilt nach Art. 6 Abs. 1 EUV bei sämtlichen Tätigkeiten von Einrichtungen der EU im weitesten Sinne. Zudem sind die Mitgliedstaaten nach Art. 51 Abs. 1 GRCh an die GRCh gebunden, wenn sie EU-Recht „durchführen“. Letztere werden dabei durch die nationalen Gerichte überwacht, die ihrerseits dem EuGH jedoch eine Frage zur Auslegung des EU-Rechts nach Art. 267 AEUV vorlegen können, wenn sie Zweifel an der Vereinbarkeit von EU-Recht mit der GRCh haben. Die Grundrechte des Grundgesetzes treten bei der Überprüfung von Unionsrecht zurück, sofern das Unionsrecht einen mit dem Grundgesetz vergleichbaren Schutzstandard bietet (Anwendungsvorrang des EU-Rechts, Art. 23 Abs. 1 GG). Nur so kann eine einheitliche Umsetzung des Unionsrechts durch die Mitgliedstaaten gewährleistet werden. Dennoch steht das Grundgesetz mit den darin enthaltenen Grundrechten in der deutschen Normenhierarchie über dem Unionsrecht (Geltungsvorrang des Grundgesetzes). Das BVerfG kann dementsprechend grundsätzlich noch einen Unionsrechtsakt, der vom EuGH als rechtmäßig angesehen worden ist, monieren, wenn er seiner Meinung nach keinen ausreichenden, im Grundgesetz vorgesehenen Schutz bietet. Hiervon macht das BVerfG jedoch nur in sehr seltenen Fällen Gebrauch.6
Nachdem das Verhältnis sowohl zwischen BVerfG und EGMR als auch zwischen BVerfG und EuGH jeweils kurz angerissen werden konnte, stellt sich die Frage, wie sich das Verhältnis zwischen den beiden europäischen Rechtsprechungsorganen – also EuGH und EGMR – gestaltet. Auf den ersten Blick könnte angenommen werden, dass diese beiden Gerichte mit ihren eigenen Grundrechtskatalogen – der GRCh auf der einen und der EMRK auf der anderen Seite – selbstständig nebeneinanderstehen. Was gilt aber, wenn es Rechtsakte der EU selbst sind, die moniert werden? Da die EU – im Gegensatz zu ihren Mitgliedstaaten – die EMRK nicht ratifiziert hat, kann sie dementsprechend auch nicht vor dem EGMR verklagt werden.
Die Mitgliedstaaten selbst sind einerseits an die EMRK, andererseits an die GRCh gebunden. Laut EGMR sind die Mitgliedstaaten auch bei der Umsetzung von EU-Recht uneingeschränkt an die EMRK gebunden, sofern sie dabei über einen eigenen Handlungsspielraum verfügen.7 Nur, wenn das Handeln des Mitgliedstaates auf zwingenden EU-rechtlichen Vorgaben beruht, könne eine bloß eingeschränkte Bindungswirkung der EMRK angenommen werden. In diesem Fall ist es nämlich letztendlich Unionsrecht, das durch den EGMR überprüft werden würde. Der Staat ist hier lediglich „ausführendes Organ“. Die fehlende Bindung der EU an die EMRK würde unterlaufen, wenn die Straßburger Richter Rechtsakte der Mitgliedstaaten, die auf zwingendem EU-Recht beruhen, dennoch monieren könnten.
Wie sich diese eingeschränkte Bindungswirkung konkret gestaltet, hat der EGMR in seiner Entscheidung „Bosphorus gegen Irland“8 dargestellt. Dort wurde Irland von einer Fluggesellschaft wegen eines Flugverbots verklagt, das der Mitgliedstaat in unmittelbarer Ausführung EU-rechtlicher Vorgaben erlassen hatte. Der EGMR erklärte in dieser Entscheidung, dass staatliches Handeln in Erfüllung einer unionsrechtlichen Verpflichtung solange gerechtfertigt sei, wie die Grundrechte auf EU-Ebene (also durch die GRCh) einen Schutz gewähren, der den Grundrechten aus der EMRK gleichwertig ist. Ist dies der Fall, gelte die „Vermutung der Konventionstreue“ – d.h. die Vermutung, dass sich ein Mitgliedstaat der EMRK nicht den Anforderungen der Konvention entzogen hat, wenn er lediglich seine EU-rechtlichen Verpflichtungen erfüllt. Diese Vermutung sei nur dann widerlegt, wenn der Schutz von Rechten der EMRK durch den EuGH in einem bestimmten Fall offensichtlich unzureichend ist.9 Unter diesen Umständen könne der entsprechende Mitgliedstaat verurteilt werden.
Da die EU selbst vor dem EGMR jedoch nicht verurteilt werden kann, kann sie dementsprechend auch keine Sanktionen bzw. Entschädigungsverpflichtungen treffen.
Letztendlich ist anzuerkennen, dass EGMR und EuGH – ähnlich wie EuGH und BVerfG –in einem Kooperationsverhältnis stehen und ihre Rechtsprechung gegenseitig aufeinander abstimmen.10 Damit könnte angenommen werden, dass ein Über- / Unterordnungsverhältnis zwischen EuGH und EGMR in dem Sinne, dass Letztere als Berufungsorgan des EuGH agiert, nicht notwendig ist.
Dennoch spricht allein für einen Beitritt der EU zur EMRK die Tatsache, dass damit eine weitere Ebene bzw. Prüfungsinstanz Europäischer Rechtsakte geschaffen wird. Auch wenn die EMRK und die GRCh im Wesentlichen einen gleichwertigen Grundrechtsschutz gebieten und ihre Rechtsprechung aufeinander abstimmen, so kann sich die Auslegung der Grund- bzw. Menschenrechte zwischen EuGH und EMRK letztendlich dennoch unterscheiden. Durch den Beitritt kann damit der Gefahr sich widersprechender Entscheidungen von EuGH und EGMR begegnet werden: Das unbefriedigende Ergebnis, dass ein EU-Mitgliedstaat durch den EGMR für einen Rechtsakt verurteilt wird, der zuvor durch den EuGH als grundrechtskonform eingestuft wurde, bestünde somit nicht mehr.11
Darüber hinaus würde ein klares Hierarchieverhältnis Rechtssicherheit schaffen hinsichtlich der Frage, welcher Gerichtshof in welchen Fällen und in welcher Reihenfolge angerufen werden kann und muss.12
Durch das Eingeständnis, seine eigenen Rechtsakte überprüfen zu lassen, würde sich der EuGH bzw. die EU generell zudem mehr Legitimation und Akzeptanz verleihen. Der einzelne Unionsbürger würde die EU weniger als „monokratisches Gebilde“, dessen Entscheidungen unanfechtbar sind, begreifen, sondern als ein legitimiertes Organ in einer klaren Rechtsprechungshierarchie.13
Letztendlich bleibt zu hoffen, dass das Projekt des Beitritts der EU zur EMRK – wie im Programm der deutschen Ratspräsidentschaft versprochen – wieder in Angriff genommen wird. Aktuell sind die Entscheidungsträger jedoch stark mit der Bewältigung der Corona-Krise beschäftigt, sodass zu befürchten ist, dass dieses Projekt in der Agenda in den Hintergrund geraten wird. Dennoch sollte der Beitritt langfristig im Blick gehalten werden. Im Sinne einer einheitlichen Rechtsprechungspraxis und der Rechtssicherheit, die als Prinzip der Rechtsstaatlichkeit (siehe nur Art. 47 GRCh) ebenfalls ein Grundanliegen der EU ist, ist der Beitritt höchst wünschenswert.
Literaturverzeichnis
Wissenschaftlicher Dienst des Deutschen Bundestags: Bedeutung der Europäischen Konvention für Menschenrechte und der Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte für die deutsche Gesetzgebung, 22.06.2016, Az. WD 3 - 3000 - 162/16, online abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/436800/8e288ab7acd739fcad2463017ad44b08/wd-3-162-16-pdf-data.pdf (Stand: 09.07.2020).
Ludwigs, Markus/Sikora, Patrick: Grundrechtsschutz im Spannungsfeld von Grundgesetz, EMRK und Grundrechtecharta. JuS 2017, 385.
Breuer, Marten: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass!“ Das zweite Gutachten des EuGH zum EMRK-Beitritt der Europäischen Union. EuR 2015, 330.
Ravasi, Elisa: Menschenrechte und Rechtssicherheit in Europa, Junge Wissenschaft im öffentlichen Recht (juwiss), 08.02.2013, online abrufbar unter https://www.juwiss.de/menschenrechte-und-rechtssicherheit-in-europa/.
Grabenwarter, Christoph/Pabel, Katharina: Europäische Menschenrechtskonvention, München, 6. Aufl. 2016.
Weber, Marlen: Vereinbarkeit des EMRK-Beitritts der EU mit dem Unionsrecht. Besprechung von EuGH, 18.12.2014, Gutachten 2/13, NLMR 2015, 3.
Streinz, Rudolf: Vertrag über die Europäische Union, Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, Charta der Grundrechte der Europäischen Union. München, 3. Aufl. 2018.
Honer, Matthias: Wie das BVerfG die Grundrechtsprüfung neu ordnet, legal tribune online vom 04.12.2019, online abrufbar unter https://www.lto.de/recht/hintergruende/h/bverfg-recht-auf-vergessen-europa-eugh-grundrechte-teil-1/ (Stand: 09.07.2020).
Deutscher Bundestag: Sachverständige kritisieren Karlsruher EZB-Urteil, Pressemitteilung vom 25.05.2020, Textarchiv (online abrufbar unter https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw22-pa-europa-urteil-696678).
1 Programm der deutschen EU-Ratspräsidentschaft „Gemeinsam. Europa wieder stark machen.“, online abrufbar unter https://www.eu2020.de/blob/2360246/d0e7b758973f0b1f56e74730bfdaf99d/pdf-programm-de-data.pdf (Stand: 09.07.2020), S. 18.
2 Gutachten 2/13 des EuGH vom 18. Dezember 2014, ECLI:EU:C:2014:2454, online abrufbar unter http://curia.europa.eu/juris/document/document.jsf?docid=160882&doclang=DE (Stand: 09.07.2020).
3 Näher zu den Gründen für die Ablehnung des EuGH siehe Breuer, EuR 2015, 330.
4 BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 14. Oktober 2004, 2 BvR 1481/04; vgl. hierzu die Ausarbeitung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags zur Bedeutung der EMRK und der Entscheidungen des EGMR für die deutsche Gesetzgebung vom 22.06.2016, online abrufbar unter https://www.bundestag.de/resource/blob/436800/8e288ab7acd739fcad2463017ad44b08/wd-3-162-16-pdf-data.pdf (Stand: 09.07.2020).
5 Ludwigs/Sikora, JuS 2017, 385.
6 Sog. „Identitäts-“ bzw. „ultra-vires-Vorbehalt“ nach Art. 23 I 3 i.V.m. Art. 79 III i.V.m. Art. 1 I 1 GG; genutzt jüngst im sog. EZB-Urteil des BVerfG vom 05. Mai 2020, 2 BvR 859/15, 2 BvR 980/16, 2 BvR 2006/15, 2 BvR 1651/15: vgl. hierzu auch die Pressemitteilung des Bundestags vom 25.05.2020, online abrufbar unter https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw22-pa-europa-urteil-696678 (Stand: 09.07.2020).
7 Ebenfalls bleiben die Mitgliedstaaten nach der Rechtsprechung des EGMR verantwortlich, wenn eine Verletzung der Rechte aus der EMRK aus dem Vollzug primären Unionrechts (also von EUV und AEUV) resultiert (EGMR, Rs 24833/94 MATTHEWS gegen das Vereinigte Königreich vom 19.02.1999): Vorzuwerfen sei dem Mitgliedstaat dann nicht erst der Vollzug des Primärrechts, aus dem sich letztendlich ein Verstoß ergibt, sondern bereits die Eingehung der völkerrechtlichen Verpflichtung.
8 EGMR, Rs. 45036/98, BOSPHORUS HAVA YOLLARI TURİZM VE TİCARET ANONİM ŞİRKETİ gegen Irland vom 30.06.2005.
9 Eine vollständige Kontrolle dieser Rechtsakte durch den EGMR könne jedoch erfolgen, wenn der EuGH zuvor gänzlich nicht mit der Frage befasst wurde (so geschehen im Urteil MICHAUD gegen Frankreich vom 06.12.2012, 12323/11).
10 „Keine Einbahnstraße“, Ludwigs/Sikora, JuS 2017, 385, 392; eine Anpassung der Rechtsprechung des EuGH an die Rechtsprechung des EGMR hat beispielsweise in Bezug auf die Auslegung des Wohnungsgrundrechts stattgefunden; vgl. hierzu Ludwigs/Sikora, JuS 2017, 385, 392 m.w.N.
11 Vgl. auch die Argumentation von Ravasi, Menschenrechte und Rechtssicherheit in Europa, juwiss, 08.02.2013, online abrufbar unter https://www.juwiss.de/menschenrechte-und-rechtssicherheit-in-europa/ (Stand: 09.07.2020),
12 Vgl. Ravasi, (Fn. 11), a.A. Streinz-Huber, EUV/AEUV, 3. Aufl. 2018, Art. 19 AEUV Rn. 103.
13 In diese Richtung auch Weber, NMLR 2015, 3, 11.