Nachdem Ursula von der Leyen am 18. Juli 2024 mit 401 Ja-Stimmen von den 720 Abgeordneten des Europaparlaments wieder zur Präsidentin der Europäischen Kommission gewählt wurde, hat sie nun in der Sommerpause die weiteren 26 Mitglieder der Europäischen Kommission für die nächsten 5 Jahre auszuwählen, die von den EU Mitgliedstaaten vorgeschlagen worden sind. Teilweise stehen diese schon fest, teilweise noch nicht.
Feststeht aber schon, dass die Besetzung der Mitglieder der Europäischen Kommission - die Bildung des neuen sog. "Kollegiums" - eine wesentliche Bedeutung hat. Aber warum eigentlich? Die herausragende Rolle der Europäischen Kommission ergibt sich vor allem aus ihrer Funktion im Gefüge der EU. Sie hat nämlich vielfältige Aufgaben: die allgemeinen Interessen der EU durch Vorschläge für neue europäische Rechtsvorschriften und deren Durchsetzung zu fördern und Strategien umzusetzen sowie den EU-Haushalt zu verwalten. Sie ist also Multitaskerin, wenn man so will. Sie schlägt die Regeln vor, achtet auf die Umsetzung, überlegt zu Langzeitprojekten und achtet bei alledem noch auf die Finanzen.
Die 27 Mitglieder sind während der Amtszeit die politische Führung der Kommission. Obwohl die Kommissarinnen und Kommissare in verschiedenen Themengebieten arbeiten, trifft die Kommission nur als Ganzes Entscheidungen mit Mehrheitsbeschluss. Die Kommissarinnen und Kommissare vertreten dabei aber nicht ihre Heimatländer, sondern sind an die europäischen Interessen und Ideen gebunden. Die Kommissionspräsidentin gibt die Richtlinien der politischen Arbeit der Kommission vor. Die Präsidentin weist ihnen bestimmte Politikbereiche zu. Diese sind beispielsweise Digitalisierung, Wirtschaft, Landwirtschaft, Gesundheit und Lebensmittelsicherheit, Beschäftigung und soziale Rechte, Grüner Deal, Klimaschutz, Energie, Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend, Gleichheit, Justiz, Internationales, Demokratie und Demografie usw.
Die Präsidentin/der Präsident wählt potenzielle Vizepräsidenten und Kommissionsmitglieder unter Berücksichtigung der Vorschläge aus den EU-Ländern aus. Die Nominierungen müssen von den Staats- und Regierungschefs der Länder im Europäischen Rat angenommen werden.
Jeder Nominierte muss vor dem Europäischen Parlament seine Vision vorstellen und die Fragen der Abgeordneten beantworten. Anschließend stimmt das Parlament ab, ob es das vorgeschlagene Kollegium insgesamt akzeptiert oder nicht. Zuletzt müssen die potenziellen Kommissarinnen und Kommissare vom Europäischen Rat mit qualifizierter Mehrheit ernannt werden.
Nachfolgend eine Tabelle mit den Mitgliedern der Europäischen Kommission und deren Funktionen in der Amtszeit von 2019 bis 2024, deren Amtszeit am 31. Oktober 2024 endet. Fett hervorgehoben sind dabei die Kandidatinnen und Kandidaten, bei denen eine weitere Amtszeit bereits feststeht oder sehr wahrscheinlich ist. Nähere Informationen zu den hervorgehobenen Kandidatinnen und Kandidaten lassen sich sodann der letzten Spalte entnehmen. Zudem lassen sich der letzten Spalte die vorgeschlagenen oder wahrscheinlichen Nachfolgerinnen oder Nachfolger entnehmen, die fett und kursiv hervorgehoben sind.
Mitgliedstaat | Name | Funktion in der Europäischen Kommission / Politikbereich | Amtszeit 2019-2024 | Amtszeit 2024-2029 ? |
Deutschland | Ursula von der Leyen | Präsidentin | 2019-2024 | Im Juli 2024 wieder als Präsidentin gewählt worden |
Dänemark | Margrethe Vestager | Exekutiv-Vizepräsidentin / Ein Europa für das digitale Zeitalter | 2019-2024 | Als Nachfolger kommen wahrscheinlich in Betracht: Dan Jørgensen oder Lars Løkke Rasmussen oder Morten Bødskov |
Lettland | Valdis Dombrovskis | Exekutiv-Vizepräsident / Eine Wirtschaft im Dienste der Menschen | 2019-2024 | Angestrebtes Ressort: Wirtschaft |
Slowakei | Maroš Šefčovič | Exekutiv-Vizepräsident / Europäischer Grüner Deal Interinstitutionelle Beziehungen und Vorausschau | 2023-2024 | Angestrebtes Ressort: Kein Spezielles (Vorschlag wurde angekündigt) |
Spanien | Josep Borrell Fontelles | Hoher Vertreter / Vizepräsident / Ein stärkeres Europa in der Welt | 2019-2024 | Als Nachfolgerin vorgeschlagen ist: Teresa Ribera |
Tschechien | Věra Jourová | Vizepräsidentin / Werte und Transparenz | 2019-2024 | Als Nachfolger vorgeschlagen ist: Jozef Síkela |
Kroatien | Dubravka Šuica | Vizepräisdentin / Demokratie und Demografie | 2019-2024 | Angestrebtes Ressort: breit aufgestellt |
Griechenland | Margaritis Schinas | Vizepräisdent / Förderung unserer europäischen Lebensweise | 2019-2024 | Als Nachfolger vorgeschlagen ist: Apóstolos Tzitzikóstas Angestrebtes Ressort: Wirtschaft; ansonsten kein spezielles Ressort |
Österreich | Johannes Hahn | Kommissionsmitglied / Haushalt und Verwaltung | 2019-2024 | Als Nachfolger vorgeschlagen ist: Magnus Brunner Angestrebtes Ressort: Finanzen |
Luxemburg | Nicolas Schmit | Kommissionsmitglied / Beschäftigung und soziale Rechte | 2019-2024 | Als Nachfolger vorgeschlagen ist: Christophe Hansen |
Italien | Paolo Gentiloni | Kommissionsmitglied / Wirtschaft | 2019-2024 | Als Nachfolger kommen wahrscheinlich in Betracht: Elisabetta Belloni oder Raffaele Fitto |
Polen | Janusz Wojciechowski | Kommissionsmitglied / Landwirtschaft | 2019-2024 | Als Nachfolger vorgeschlagen ist: Piotr Serafin Angestrebtes Ressort: Erweiterung; ansonsten kein spezielles Ressort |
Frankreich | Thierry Breton | Kommissionsmitglied / Binnenmarkt | 2019-2024 | Angestrebtes Ressort: Wirtschaft |
Portugal | Elisa Ferreira | Kommissionsmitglied / Kohäsion und Reform | 2019-2024 | Als Nachfolgerin bzw. Nachfolger kommen wahrscheinlich in Betracht: Miguel Poiares Maduro oder Maria Luísa Albuquerque oder Jorge Moreira da Silva |
Zypern | Stella Kyriakides | Kommissionsmitglied / Gesundheit und Lebensmittelsicherheit | 2019-2024 | Als Nachfolger vorgeschlagen ist: Kóstas Kadís |
Belgien | Didier Reynders | Kommissionsmitglied / Justiz | 2019-2024 | Als Nachfolger kommen wahrscheinlich in Betracht: Didier Reynders oder oder |
Malta | Helena Dalli | Kommissionsmitglied / Gleichheit | 2019-2024 | Als Nachfolger vorgeschlagen ist: Glenn Micallef |
Schweden | Ylva Johansson | Kommissionsmitglied / Inneres | 2019-2024 | Als Nachfolgerin vorgeschlagen ist: Jessika Roswall |
Slowenien | Janez Lenarčič | Kommissionsmitglied / Krisenmanagement | 2019-2024 | Als Nachfolger vorgeschlagen ist: Tomaž Vesel |
Ungarn | Olivér Várhelyi | Kommissionsmitglied / Nachbarschaft und Erweiterung | 2019-2024 | Er wurde erneut vorgeschlagen für kein spezielles Ressort; Experten gehen aber davon aus, dass Olivér Várhelyi vom Europäischen Parlament abgelehnt werden wird, so dass die Ersatzkandidatin Enikő Győri oder der Ersatzkandidat János Bóka in Betracht kommen könnten |
Finnland | Jutta Urpilainen | Kommissionsmitglied / Internationale Partnerschaften | 2019-2024 | Als Nachfolgerin wird vorgschlagen: Henna Virkkunen |
Estland | Kadri Simson | Kommissionsmitglied / Energie | 2019-2024 | Vorgeschlagen ist: Kaja Kallas Angestrebte Position: Hohe Vertreterin |
Irland | Mairead McGuinness | Kommissionsmitglied / Finanzdienstleistungen, Finanzstabilität und Kapitalmarktunion | 2020-2024 | Als Nachfolger vorgeschlagen ist: Michael McGrath |
Bulgarien | Iliana Ivanova | Kommissionsmitglied / Innovation, Forschung, Kultur, Bildung und Jugend | 2023-2024 | Wegen der parteilosen Übergangsregierung in Bulgarien steht ein Vorschlag noch aus. Als Nachfolger bzw. Nachfolgerin kommen wahrscheinlich in Betracht: Denitsa Sacheva oder Ekaterina Zaharieva oder Iliana Ivanova |
Niederlande | Wopke Hoekstra | Kommissionsmitglied / Klimaschutz | 2023-2024 | Angestrebtes Ressort: Wirtschaft, Finanzen |
Litauen | Virginijus Sinkevičius | ehem. Kommissionsmitglied / Umwelt, Meere und Fischerei | 2023 bis Juli 2024 | Als Nachfolger vorgeschlagen wird: Andrius Kubilius |
Rumänien | Adina Vălean | ehem. Kommissionsmitglied / Verkehr | 2023 bis Juli 2024 | Als Nachfolger vorgeschlagen ist: Victor Negrescu Angestrebtes Ressort: Wirtschaft |
Anders als in der Kommission 2019-2024, bei der nahezu Geschlechterparität herrschte, zeichnet sich für die neue Kommission eine männliche Mehrheit der Mitglieder ab. Es wird daher davon ausgegangen, dass Ursula von der Leyen die Auswahl entsprechend beeinflussen wird, um den Frauenanteil zu erhöhen. Es bleibt abzuwarten, welche weiteren Kandidatinnen und Kandidaten vorgeschlagen werden und welche letztlich zum Zuge kommen werden.
Doch wie bereits geschildert, bedarf es auch noch weiterer Schritte bis die Positionen in der Europäischen Kommission schließlich gesichert ist. Jedenfalls muss auch noch das Europäische Parlament zustimmen. Dabei ist es nicht unüblich, dass vorgeschlagene Kommissionsmitglieder abgelehnt werden und das Verfahren für den jeweiligen Mitgliedstaat von Neuem beginnt. Daher kann hier noch lange nicht die Rede von "rien ne va plus" sein! Vielmehr gilt: Es bleibt spannend.