EuGH Urteil zur Auslieferung von EU-Bürger:innen

Schutz für EU-Bürger höher als bei EU-Ausländern

05.09.2022

Ein Mitgliedstaat ist laut einem Urteil des Europäischen Gerichtshof vom 06.09.2016 nicht verpflichtet, alle Unionsbürger, die sich in ihrem Hoheitsgebiet aufhalten, in gleichem Maß vor Auslieferung zu schützen wie seine eigenen Staatsangehörigen. 

Die Entscheidung erfolgte aufgrund einer Anfrage des Obersten Gerichtshof Lettlands. Ein estnischer Staatsangehöriger war auf der Website von Interpol zur Fahndung ausgeschrieben. Nach seiner Festnahme in Lettland, stellte die russische Behörde einen Auslieferungsantrag bei den lettischen Behörden. Dieser wurde von den Behörden auch genehmigt. Der Este beantragte jedoch die Aufhebung der Genehmigung. Er war der Meinung, dass er aufgrund eines von baltischen Staaten geschlossenen Übereinkommens über Rechtshilfe und die Rechtsbeziehungen in Lettland die gleichen Rechte wie ein lettischer Staatsbürger habe. Da ein lettisches Gesetz die Auslieferung eigener Staatsbürger an Russland verbiete, dürfe auch er nicht nach Russland ausgeliefert werden, begründet er. 

 

Der EuGH entschied in seinem Urteil, dass der Este zwar grundsätzlich gleichbehandelt werden muss wie ein lettischer Staatsangehöriger, nicht jedoch, wenn es um Auslieferungen geht.

Wenn es sich um Auslieferungen handelt, muss sein Mitgliedsstaat vorerst das Herkunftsland des Betroffenen informieren. Damit das Herkunftsland die Möglichkeit hat die Strafverfolgung in Ihrem Land weiter zu führen und es nicht zu einer Auslieferung kommt, so urteilt der EugH. Sollte aber das Herkunftsland auf die Information hin handeln kann der Betroffene durchaus ausgeliefert werden.

Im Sachverhalt des Esten, wurde ihm somit teilweise Recht gegeben. Lettland darf ihn nicht direkt an Russland ausliefern, wenn Sie nicht davor Estland die Möglichkeit gaben eine Auslieferung zu verhindern. Ihm stehen jedoch nicht dieselben Rechte wie einem lettischen Staatsangehörigen zu, bei welchem eine Auslieferung an Russland prinzipiell ausgeschlossen wird.