Charles Michel hat die Staats- und Regierungschefs der EU für den 1. Februar zu einem Sondergipfel nach Brüssel bestellt. Auf der Tagesordnung steht die Halbzeitüberprüfung des sogenannten "mehrjährigen Finanzrahmens", also des langfristigen EU-Haushaltes für die Jahre 2021 bis 2027.
Was zunächst technisch klingt ist eine wichtige Grundlage für die Bewältigung der multiplen Krisen, mit denen sich die Union konfrontiert sieht. Die "Halbzeitüberprüfung" ist ein von der EU-Kommission vorgeschlagenes Aufstockungspaket des EU-Haushalts. Es enthält vier Kernkomponenten.
Kern des von der Kommission vorgeschlagenen Pakets ist ein Fazilität genanntes Paket aus Finanzhilfen, Darlehen und Garantien zur Unterstützung der Ukraine bei der Abwehr des seit zwei Jahren andauernden russischen Angriffskrieges. Neben unmittelbaren Finanzbedarfen soll es auch Ausgaben für den Wiederaufbau und die Vorbereitung des EU-Beitrittes des Landes decken. Das Paket ist insgesamt 50 Mrd. Euro schwer.
Auch für die Umsetzung des Ende 2023 beschlossenen Migrationspaket sollen neue Mittel bereitgestellt werden. 2 Mrd. Euro sind für die Grenzsicherung und das Migrationsmanagement vorgesehen. Gleichzeitig soll die EU aber auch in die Lage versetzt werden, auf wirtschaftliche oder geopolitische Instabilität oder Naturkatastrophen in ihrer Nachbarschaft zu reagieren und so die Partnerschaften mit wichtigen Drittstaaten zu stärken.
Mit STEP soll die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Industrie im Bereich kritischer Technologien aus den Bereichen Digitaltechnologien, Deep Tech, saubere Technologien und Biotechnologien sichergestellt werden. STEP baut auf bestehenden Förderprogrammen auf und ergänzt sie um eine innovative und dynamische Struktur, die die Umsetzung solcher Projekte beschleunigen soll, die erwiesenermaßen besonders wichtig für die technologische Souveränität Europas sind.
Der letzte Teil des Aufstockungspakets soll die höheren Kosten für NextGenerationEU decken, die durch den beispiellosen Zinsanstieg der letzten Jahre zustande gekommen sind. NextGeneration EU ist ein Aufbauplan der EU. Er soll nicht nur die Folgen der COVID19-Pandemie abfedern, sondern auch dafür sorgen, dass Europa gestärkt aus der Krise hervorgeht. Er umfasst ein Investitionsvolumen von über 800 Mrd. Euro.
Im Vorfeld des Sondergipfels erwarten Beobachter:innen insbesondere Streit um die 50 Mrd. Euro umfassende Ukraine-Fazilität. Der ungarische Regierungschef Orbán blockiert zusätzliche Mittel für die Ukraine bereits seit mehreren Monaten. Zuletzt hatte Orban angeboten, die Finanzhilfen mitzutragen, so lange sie lediglich für die Dauer eines Jahres beschlossen und dann jeweils neu verhandelt werden müssten. Unterdessen wird spekuliert, die übrigen Mitglieder des Rates könnten die sogenannte "nukleare Option" ziehen und Ungarn gemäß Artikel 7 EUV das Stimmrecht vorübergehend entziehen. Dies ist mit qualifizierter Mehrheit möglich.